»Bestraft werden sollen ich und meine Kollegen – gemeint sind wir alle«

Köln, 20. Oktober 2014

Zum Jahresende wird das Ford-Werk im belgischen Genk geschlossen.

Demonstranten.

Heute stand Gaby Colebunders in Köln vor Gericht, weil er gegen die Schließung protestiert hat. Er sagt dazu: »Bestraft werden sollen ich und meine Kollegen – gemeint sind wir alle. Das wahre Verbrechen ist die Werksschließung und die Vernichtung von Arbeitsplätzen. Und wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir um unsere Arbeitsplätze zu kämpfen haben. Die Aktion am 7. November 2012 in Köln war ein wichtiges Signal, wie wir uns international gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlage wehren können. Wir fordern den Freispruch aller Beschuldigten.«

Er ist einer der Kollegen, die Widerspruch gegen die Strafbefehle wegen angeblichen Landfriedensbruchs eingelegt haben.

Kollegen aus Genk waren mit einem Bus gekommen. Anlässlich des Verhandlungstermins vor dem Kölner Amtsgericht organisierte das Soli-Komitee eine Kundgebung.

Demonstranten.

Solidarität der IG Metall

Die IG Metall brachte ihre Solidarität mit den Belgiern zum Ausdruck. »Das dortige Ford-Werk stehe nun endgültig vor dem Aus. Inklusive Zulieferindustrie seien rund 10 000 Arbeitsplätze betroffen. ›Was in Genk passiert, kann jedem Standort in Europa passieren‹, unterstrich Dr. Witich Rossmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Köln.« Der heute beginnende Gerichtprozess sei eine »klare Überreaktion von Seiten der Staatsanwaltschaft«. (Kölnische Rundschau 20.10.14)

10 000 werden entlassen

Vor genau zwei Jahren, am 24. Oktober 2012, gab der Genker Fordchef Philippe Verbeeck den Schließungsbeschluss des Europa-Managements bekannt. Da war das Versprechen des Vorstandsvorsitzenden von Ford Europa, Stephen Odell, der Standort Genk stehe nicht zur Disposition, gerade mal fünf Wochen alt. 4300 Beschäftigte bei Ford, weitere 6000 bei Zulieferern sind betroffen. Wochenlang verlässt kein Auto, kein Fertigungsteil oder gar eine ganze Maschine das Werk. Die Arbeiter bewachen die Tore. Offiziell wird kurzgearbeitet.

Angesichts ihrer drohenden Entlassung fahren am 7. November 2012 fünf Busse mit 250 Kolleginnen und Kollegen aus Genk nach Köln. Organisiert haben das die drei Gewerkschaften – die sozialistische, christliche und die liberale (an den Farben Rot, Grün und Blau zu erkennen). Sie wollen zum Gesamtbetriebsrat, der an diesem Tag in Niehl zusammenkommt. Das Tor bleibt aber verschlossen. Die Genker Arbeiterinnen und Arbeiter setzen alte Autoreifen in Brand, zünden Feuerwerkskörper an. Die Werksfeuerwehr öffnet das Tor um zu löschen. Die Genker Delegation strömt aufs Werksgelände und zum Verwaltungsgebäude, wo der Gesamtbetriebsrat tagt. Aber Werkschutz und Polizei wollen das verhindern. Aber die Polizei ist, obwohl kurzfristig 400 Mann mobilisiert werden, zunächst überfordert. Dann drängen sie die Genkerinnen und Genker vom Werksgelände. Sie werden stundenlang festgehalten und dann einzeln zur Personalfeststellung abgeführt, fotografiert und zu den Bussen geleitet.

Demonstranten.

12 belgische Kollegen erhalten Strafbefehle mit Geldstrafen. Der Strafbefehl gegen den angeblichen Haupttäter lautet auf zehn Monate auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Körperverletzung besteht in einem angeblichen Knalltrauma eines Polizeibeamten.

Immerhin erkundigte sich heute der Richter nach der sozialen Situation in Genk, das zur Provinz Limburg gehört, wo mittlerweile die Arbeitslosigkeit massenhaft und die Kinderarmut die höchste in Belgien ist.

Nur einer von acht geladenen Zeugen war erschienen. Der Polizeibeamte konnte indes nur ungenaue Angaben über die angeblichen Gewalttaten machen und schwer einer Person zuordnen.

Der Richter unterbrach mangels Zeugen die Verhandlung und bestimmte als neuen Termin den 5. November, 11.30 Uhr.

»Landfriedensbruch gibt es nicht in Belgien«, »Das ist eben unsere Art zu demonstrieren.« So wird der Arbeiter in der »KR« zitiert:

http://www.rundschau-online.de/koeln/staatswanwaltschaft-ford-prozess-vertagt,15185496,28789548.html